und dort einen Schuss gehört. Bald darauf seien Gondolo und Meffert bei ihr vorbeigelaufen
und hätten gesagt, dass der alte Thiel (Inculpat) nach ihnen geschossen habe. Von dort sei sie
weiter in Richtung zum Anhäuser Spitzchen gegangen und habe das Mittagläuten in Anhausen
und in Rengsdorf vernommen. Im Anhäuser Spitzchen traf sie den Anhausener Schöffen
Rämer, der ihr mitteilte, dass es ½ 12 Uhr sei.
Die ledige Elisabeth Hamm aus Gladbach, 21 Jahre alt, war am fraglichen Morgen zwischen 8
und 9 Uhr mit Marie Welter in den Gladbacher Wald gegangen, um Knuppen (Aststücke unter
dem gehauenen Holz) zu machen. Als sie die Hälfte ihrer Körbe gefüllt hatten, kamen Hodes,
Neuß, Burgen, Gondolo und Meffert zu ihnen und berichteten, dass auf sie geschossen wurde.
Kurz zuvor hatten die beiden Frauen einen Schuss im Braunsberger Ahlen gehört. Marie
Welter, 27 Jahre alt, erinnerte sich, dass Hodes und seine Kameraden gleich erzählt hätten,
dass der Inculpat der Schütze gewesen sei.
Eine besondere Bestätigung der Aussagen von Gondolo und Meffert lieferten die beiden
Belastungszeugen Kunz und Hoffmann. Sie hatten den Inculpaten in der Nähe des Tatorts
getroffen.
Michael Kunz, am 1. März des Jahres „14 Jahre weniger 1 Monat 12 Tage“ alt, bei seiner
Mutter in Gladbach lebend, schilderte Folgendes:
„Ich bin am 1. März morgens um 8 Uhr mit dem Joh. Josef Hoffmann von Gladbach in den
Wald gegangen, um eine Bürde Knuppen zu machen. Wir gingen auf der Straße die Alteck
hinauf in den Gladbacher Gemeindewald (auch Gladbacher „Schwanz“ genannt), welcher an
das so genannte Ochsenstück grenzt und der nicht weit von dem Braunsberger Ahlen entfernt
liegt. Hier begaben wir uns an die Arbeit und hatte jeder beinahe seine Bürde Knuppen schon
gemacht, als der Revierjäger N. N. von Oberbieber zu uns kam und zu uns sagte: „Na, Ihr
Jungen, machen wir Knuppen?“ Wir bejahten diese Frage. Hierauf sagte derselbe zu mir:
„Ich meine, ich sähe Dir es an, dass Du dem Chaussee-Wirz, dem Welm sein Sohn bist.“
Darauf antwortete ich: „Nein.“ Er habe ja einmal einen Wagen von uns gekauft. „Hoho“,
erwiderte N. N., „dann bist Du der Wittfrau, der Marie, ihr Sohn.“ - Dies bestätigte ich. - ...
N. N. war mit einem grünen, etwas abgetragenen Kittel bekleidet, hatte eine grüne
Jägermütze auf und eine Jagdtasche umhängen. Auch hatte er ein Jagdgewehr mit zwei
Läufen bei sich. ...
Nachdem er sich entfernt hatte, vernahmen wir etwa 10 Minuten später einen Schuss, welcher
uns aus der Gegend des Braunsberger Waldes gefallen zu sein schien. In dem Augenblick, als
der Schuss fiel, meine ich, gehört zu haben, dass geschrien und gelacht wurde. Noch eine
Zeitlang arbeiteten wir fort, als wir das Mittagläuten, also 11 Uhr, hörten. ...
An der Grenze zwischen dem Fürstlichen und Gladbacher Wald sahen wir den Wollendorfer
Oberförster Backes in Richtung nach Braunsberg reiten. ... “
Der Zeuge Joh. Josef Hoffmann, „14 Jahre, 4 Monate alt“, Sohn eines Tagelöhners aus
Gladbach, bestätigte die Angaben seines Kollegen und beschwor diese Aussagen.
Der Inculpat verteidigt sich
Der Angeklagte führte mehrfach gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen an, dass alle
Gladbacher Holz- und Wilddiebe seien. Sie seien ihm gegenüber feindselig gestimmt, weil er
sie häufig wegen Waldfrevel zur Anzeige gebracht habe und sie bei Treibjagden zur Ordnung
anhalte.
Doch dieser, auf die Allgemeinheit bezogene Einwand, fand keinerlei Berücksichtigung. Das
zuständige Ortsgericht konnte die Glaubwürdigkeit der beiden Hauptzeugen Gondolo und
Meffert nicht anzweifeln – von ihnen waren keinerlei Strafen bekannt. Lediglich der Zeuge
Meffert war als Holzfrevler geschildert worden.
Der Verteidiger von N. N. wandte ein, dass Gondolo und Meffert schon dreimal wegen
Waldfrevel gerügt worden waren, nunmehr eine vierte Rüge und eine damit verbundene
Gefängnisstrafe für sie bevorstand. Von daher könnten sie den Inculpaten mit einer anderen